Die Gesamtbevölkerung von Vietnam beträgt geschätzt rund 99,4 Millionen Einwohner:innen (2022), womit Vietnam auf Rang 16 der bevölkerungsreichsten Ländern der Welt ist. Ein großer Teil der Bevölkerung Vietnams lebt auf dem Land, im Jahr 2021 lebten rund 38 Prozent der Bevölkerung in Städten, ein relativ geringer Anteil. Unter den Mitgliedern des südostasiatischen Staatenbunds (ASEAN) hat Vietnam eine der geringsten Urbanisierungsraten.
Stagnierendes Bevölkerungswachstum
Vietnams Bevölkerungswachstum beträgt rund 0,85 Prozent im Jahr 2021. Die Wachstumsraten haben sich im letzten Jahrzehnt kaum geändert. Die Fertilitätsrate beträgt im selben Jahr rund 1,94 Kinder je Frau, ein Wert der bei ausgeglichenen Ein- und Auswanderungen ein konstantes Bevölkerungswachstum ermöglicht. Das Migrationssaldo ist seit 2010 bei nahe null. Vietnam erlebte zwischen 1979 und 1989 eine Bevölkerungsexplosion, die Wachstumsraten überstiegen teilweise 20 Prozent. Zwischen 1980 und 2000 wuchs die Bevölkerung Vietnams um über 24 Millionen Menschen. Im Anschluss ging das Wachstum deutlich zurück. Im Jahr 1990 lag der Anteil der 0 bis 14-Jährigen noch bei 38,3 Prozent, im Jahr 2021 noch bei 22,5 Prozent. In den nächsten Jahrzehnten wird der Anteil der Menschen über 65 in Vietnam steigen. Neben dem stagnierenden Wachstum ist jedoch die Lebenserwartung in Vietnam deutlich gestiegen. Im Jahr 1980 lag sie bei rund 66,2 Jahren; 2021 bei etwa 73,6 Jahren. Die Kindersterblichkeit hat sich zudem kontinuierlich reduziert.Vietnams Wirtschaft
Vietnams Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2021 beträgt rund 366,2 Milliarden US-Dollar. Für das Jahr 2022 wird ein Anstieg des BIP auf etwa 413,8 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Das Wirtschaftswachstum Vietnams ist seit den 1990er Jahren hoch und betrug in den meisten Jahren zwischen fünf und acht Prozentpunkten. Im Jahr vor der Corona-Krise konnte Vietnam ein Wirtschaftswachstum von rund 7,15 Prozent verzeichnen, selbst in den Pandemiejahren 2020 und 2021 betrug das Wachstum rund 2,6 bis 2,9 Prozent. Für die kommenden Jahre wird erneut ein starkes Wachstum von etwa sechs bis sieben Prozent prognostiziert. Das pro-Kopf BIP in Vietnam ist in den vergangenen Jahren ebenso schnell angestiegen. Im Jahr 2008 betrug es noch etwa 1.446 US-Dollar pro Kopf, im Jahr 2021 bereits rund 3.718 US-Dollar. Die Arbeitslosenquote ist seit 2008 auf einem niedrigen Niveau und schwankte seitdem zwischen 2,3 und 2,8 Prozent. Die höchsten Arbeitslosenraten verzeichnete Vietnam bis in die frühen 1990er Jahre. Im Jahr 1990 lag die Arbeitslosenquote noch bei rund 12,3 Prozent, halbierte sich aber innerhalb von fünf Jahren auf etwa 5,8 Prozent (1995). Auch die Inflationsrate veränderte sich im gleichen Zeitraum. In den 80er Jahren betrug die Inflation teilweise bis zu 453 Prozent. 1991 lag die Inflationsrate noch bei etwa 81,8 Prozent, sank dann bis 1996 auf kaum über fünf Prozent. Im Jahr 2021 liegt die Inflationsrate bei rund 1,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr.Transformation von Zentralverwaltungswirtschaft zum Schwellenland
Die 1990er Jahre waren richtungsweisend für die wirtschaftliche Entwicklung Vietnams. Nach der Wiedervereinigung litt Vietnam zunächst unter wirtschaftlichen Problemen und der hohen Arbeitslosenquote. Die wirtschaftlichen Probleme in Verbindung mit Repressionen der Regierung gegen Vietnames:innen, die während des Vietnamkriegs die Regierung der Republik Vietnam (Südvietnam) und die USA unterstützt hatten, führte zu einer Migrationsbewegung in den späten 70er Jahren. Schätzungen zufolge versuchten mehr als 1,6 Millionen Menschen Vietnam per Boot zu verlassen. Diese Flüchtlingsrouten über das Südchinesische Meer endeten zu großen Teilen in den USA, Frankreich, Thailand, Malaysia oder Australien. Rund eine Viertel Millionen "Boatpeople" starben wohl im Südchinesischen Meer. In den 1990er Jahren änderte sich die Situation für das isolierte Vietnam jedoch. Zwischen 1978 und 1989 war Vietnam in einen Krieg mit dem Regime der Roten Khmer in Kambodscha involviert. Aufgrund von internationalem Druck zog sich Vietnam am 26. September 1989 aus Kambodscha zurück.In den 1990er Jahren wurde das Land zunehmend in die internationale Staatengemeinschaft integriert und die Wirtschaft begann zu wachsen. Im Jahr 1994 hob die USA ihr, seit dem Vietnamkrieg bestehendes, Handelsembargo auf, 1995 begannen beide Länder diplomatische Beziehungen zu unterhalten und im Jahr 2001 schlossen sie ein bilaterales Handelsabkommen ab. Im Jahr 1995 wurde Vietnam ebenfalls als Mitglied der südostasiatischen Staatengemeinschaft (ASEAN) aufgenommen, 1998 wurde es Mitglied der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (ASEAN) und im Jahr 2007 schließlich Mitglied der Welthandelsorganisation (WTO). Während der Zeit transformierte sich das Land hin zu einer sozialistischen Marktwirtschaft und wurde unter anderem der zweitgrößte Reisexporteur weltweit. Zahlreiche Investitionen aus dem Ausland folgten in dieser Zeit. Auch die Auslandsvietnames:innen spielen eine große Rolle. Die USA sind im Jahr 2020 das Land mit der höchsten Anzahl an Migrant:innen aus Vietnam. Mit rund 1,4 Millionen leben rund 41 Prozent der vietnamesischen Migrant:innen in den USA. Der Anteil der Auslandsvietnames:innen ist auch ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaftsleistung des Landes. Im Jahr 2020 lag der Wert der Rücküberweisungen von Migranten nach Vietnam bei rund 17,2 Milliarden US-Dollar, Rang 11 der Länder weltweit mit den höchsten Rücküberweisungen. Seit 2007 gehört Vietnam zu den Ländern mit unterem mittleren Einkommen.
Außenhandel (Export/Import) von Vietnam
Im Jahr 2021 exportiert Vietnam Waren im Wert von rund 335,9 Milliarden US-Dollar, ein Anstieg von fast 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Wert der Warenimporte beläuft sich im selben Jahr auf etwa 331,6 Milliarden US-Dollar, ein Anstieg von rund 26 Prozent. Damit verzeichnet das südostasiatische Land einen geringen Handelsbilanzüberschuss von etwa 4,35 Milliarden US-Dollar. Im Dienstleistungssektor verzeichnet Vietnam im Jahr 2021 ein Defizit von etwa 15,7 Milliarden US-Dollar. Die Importe überwiegen mit rund 19,2 Milliarden US-Dollar den Exporten, die bei etwa 3,5 Milliarden US-Dollar liegen. Bis zum Jahr 2019 fiel das Defizit im Dienstleistungshandel deutlich geringer aus. Grund hierfür könnte im Rückgang der Touristenbranche während der Corona-Krise in den Jahren 2020 und 2021 liegen.Im Güterbereich sind die wichtigsten Exportgüter Geräte für die Nachrichtentechnik, Bild- und Tonaufzeichnungs- und wiedergabegeräte (SITC Abschnitt 76), die im Jahr 2021 einen Anteil an den Gesamtexporten von etwa 28,4 Prozent ausmachen. Zudem exportiert Vietnam elektrische Maschinen, Apparate und weitere (SITC Abschnitt 77) zu rund 12,4 Prozent. Der Textilsektor ist durch Beleidung und Bekleidungszubehör (9,6 Prozent der Exporte), Schuhe (5,7 Prozent) und Garne, Gewebe und Spinnstofferzeugnisse (3,6 Prozent) in den wichtigsten Exportgütern vertreten. Im Bereich der Importe sind besonders elektrische Maschinen bedeutend. Diese machten einen Anteil von etwa 24,4 Prozent der Importe Vietnams im Jahr 2021 aus.
Nachdem die USA bis in die 90er Jahre noch ein Handelsembargo gegen Vietnam verhängten, sind die Vereinigten Staaten mittlerweile der wichtigste Handelspartner Vietnams für Exporte. Etwa 28,7 Prozent der vietnamesischen Exporte gehen im Jahr 2021 in die USA. Neben den USA exportiert Vietnam primär in die ostasiatischen Staaten China, Südkorea, Japan und die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong.
Bei den wichtigsten Importländern ist China mit dem größten Anteil vertreten. Etwa 33,2 Prozent der Importe Vietnams kommen aus China (Stand: 2021). Weitere rund 17 Prozent kommen aus Südkorea. Die USA sind mit etwa 4,6 Prozent, im Vergleich zu den Exporten, gering vertreten.
Die Bedeutung des Agrarsektors in Vietnam
In Vietnam hat der Agrarsektor eine wichtige Bedeutung. Etwa 36,2 Prozent der Erwerbstätigen sind im Jahr 2020 in der Landwirtschaft beschäftigt. Dieser produziert verschiedene Güter vorrangig.Kaffee
- Vietnams ist nach der Erntemenge das größte Kaffeeanbauland nach Brasilien. Im Jahr 2020 wurden 29 Millionen Säcke Kaffee (zu je 60 Kilogramm) geerntet.
- Im Jahr 2021/22 hat Vietnam einen Anteil von rund 18,9 Prozent an der weltweiten Kaffeeernte.
- Nach Brasilien ist Vietnam das wichtigste Lieferland für Kaffeeimporte nach Deutschland (Stand: 2021).
Der Industriesektor trägt zwar im Vergleich zum Agrarsektor zu einem Großteil des BIP-Wachstums des Landes bei, könnte jedoch in Zukunft vor Probleme gestellt werden. Im Industriesektor werden vor allem Textilien und Schuhe hergestellt, Zement und Stahl verwertet sowie Autos montiert. Ein Großteil der Industrieunternehmen ist jedoch nach wie vor in staatlicher Hand, viele sind defizitär und könnten bei einer weiteren Öffnung der Wirtschaft Vietnams vor Probleme geraten.
Staat und Rechtsstaatlichkeit
Die Staatsverschuldung Vietnams liegt bei rund 39,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2021. Im Haushalt verzeichnet Vietnam im Jahr 2021 ein Defizit im Haushalt von etwa 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Staatsquote, also das Verhältnis der Staatsausgaben zum Bruttoinlandsprodukt, ist mit etwa 22,1 Prozent (2021) relativ gering, vor allem im Vergleich zu europäischen Ländern, wo die Staatsquoten häufig zwischen 40 und 60 Prozent liegen. Die Militärausgaben lagen im Jahr 2018 bei etwa 2,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Daten nach 2018 sind nicht verfügbar, da Militärausgaben von Vietnam als Staatsgeheimnis erklärt wurden.Seit 2018 konnte sich Vietnam in den Bereichen Demokratie, Marktwirtschaft und politischem Management laut dem Bertelsmann Transformationsindex (BTI) leicht verbessern. Mit einem Wert von 3,63 im Demokratieindex gilt Vietnam dennoch als harte Autokratie laut dem BTI (Stand: 2022). Im politischen Management konnte sich Vietnam auf 5,33 Punkte verbessern (mäßig), ein Anstieg von dem Wert 4,51 aus dem Jahr 2018. Die Marktwirtschaft Vietnams wird mit 6,07 Indexpunkten als Marktwirtschaft mit Funktionsdefiziten klassifiziert. Im Korruptionsindex von Transparency International konnte sich Vietnam von Rang 104 auf Platz 87 von 180 Staaten (Stand: 2021) verbessern.
Im Freiheitsindex von Freedom House konnte sich Vietnam in den letzten Jahren jedoch nicht verbessern. Im Bereich der politischen Rechte erzielt das südostasiatische Land 3 von 40 möglichen Punkten, bei den Bürgerrechten 16 von 60. Damit wird Vietnam als "nicht frei" klassifiziert. Im Bereich der Internetfreiheit ist Vietnam auf Rang 5 der Länder mit der geringsten Internetfreiheit. Auch in der Rangliste der Pressefreiheit ist Vietnam auf Rang 8 der Länder mit der geringsten Pressefreiheit weltweit. Am 1. Dezember 2021 waren zudem 23 Journalist:innen in Vietnam inhaftiert, die vierhöchste Zahl weltweit, nach China, Myanmar und Ägypten.